Immer mehr Rechtsanwälte entscheiden sich für eine Weiterbildung zum Fachanwalt, unter anderem, weil das an Rechtshilfe interessierte Publikum Wert auf solche weiterführenden Qualifikationen legt und sich Anwälte von einem Fachanwaltstitel daher mehr oder wirtschaftlich lohnendere Mandate versprechen. Wie man Fachanwalts wird und dass sich eine Fachanwaltschaft wirtschaftlich lohnt haben wir bereits in unserem vorherigen Artikel dargelegt. Dabei ist das Führen einer Fachanwaltsbezeichnung gesetzlich an klar definierte Bedingungen gebunden – dazu gehört unter anderem das regelmäßige Wahrnehmen von Fortbildungsmaßnahmen nach dem Fortbildungsnachweis 15 FAO.

Worum geht es bei der Fortbildungspflicht?

Laut Fachanwaltsverordnung müssen Fachanwälte pro Kalenderjahr 15 Zeitstunden für eine oder mehrere Aus- beziehungweise Fortbildungen im jeweiligen Rechtsgebiet nachweisen. Geregelt ist dieser Fortbildungsnachweis in § 15 FAO.

Die Fachanwaltsverordnung hält fest, dass ein Nachweis der Fortbildungspflicht neben der Teilnahme an Fachanwaltslehrgängen auch über eine dozierende Tätigkeit in einer anwaltsorientierten oder aber interdisziplinären Veranstaltung möglich ist; hierbei kann die Vorbereitungszeit mit einberechnet werden. Auch wissenschaftliche Publikationen können dem Fortbildungsnachweis dienen.

Handelt es sich bei der Fortbildung um einen Fernlehrgang, können bis zu fünf Zeitstunden im Selbststudium absolviert werden; diese sind durch eine Lernerfolgskontrolle zu überprüfen. Außerdem muss ein Nachweis über die durchgängige Teilnahme erbracht werden.

Die Erfüllung der Fortbildungspflicht – egal ob sie nun über eine sitzende oder dozierende Teilnahme oder aber eine Publikation erfolgt – ist der zuständigen Rechtsanwaltskammer durch Bescheinigungen oder sonstige Unterlagen unaufgefordert nachzuweisen.

Zwei oder mehrere Fachanwaltstitel – der Fall vor dem AGH Niedersachsen

Was ist zu tun, wenn Sie nun über zwei oder sogar drei Fachanwaltstitel verfügen? Kann die Teilnahme an einer Fortbildung für die Erfüllung der Fortbildungspflicht in mehreren Fachanwaltschaften genutzt werden?

Ein Urteil des Anwaltsgerichtshofs Niedersachsen hat nun entschieden, nein, dies ist nicht möglich. Zwar sind viele Fortbildungsmaßnahmen für unterschiedliche Fachanwaltschaften geöffnet und die für sie investierten Stunden können somit für die Führung unterschiedlicher Fachanwaltstitel genutzt werden – doch die Verwendung ein und derselben Fortbildung für mehrere Fachanwaltsbezeichnungen gleichzeitig ist unzulässig.

Im Fall, der im November 2018 vor dem AGH Niedersachsen entschieden wurde, war der Kläger mehrfacher Fachanwalt in den Rechtsgebieten Verwaltungsrecht, Bau- und Architektenrecht sowie Vergaberecht. Der Grund für die Klage vor dem AGH war ein Streit zwischen Anwalt und der für ihn zuständigen Anwaltskammer. So forderte der Anwalt eine doppelte Anrechnung der Fachanwaltsfortbildung, einer fünfstündigen Fortbildungsmaßnahme, für das Jahr 2017. Diese war ausdrücklich für sowohl die Fachanwaltsfortbildung im Bereich Bau- und Architektenrecht als auch für den Bereich Vergaberecht zulässig. Die Anwaltskammer entschied sich gegen eine Doppelverwertung der Fachanwaltsfortbildung und wies den Anwalt im Februar 2018 auf eine Versäumnis von einer Zeitstunde im Rechtsgebiet Bau- und Architektenrecht für das Jahr 2017 hin. Dagegen erhob der Anwalt eine Anfechtungsklage und verlangte vom AGH außerdem eine Feststellung über seine Teilnahme am der erforderlichen Mindeststundenzahl Fortbildungszeit im Bereich Bau- und Architektenrecht für 2017.

Hauptargument des Anwalts war, dass wenn eine Veranstaltung den Fachanwälten zweier verschiedener Rechtsgebiete als Nachweis für die Erweiterung des Kenntnisstandes in ebenjenen zwei Rechtsgebieten dienen dürfe, einem Anwalt mit der Fachbezeichnung in denselben zwei Rechtsgebieten die Anrechnung der Veranstaltung als Fortbildungsnachweis für beide Rechtsgebiete nicht verwehrt werden dürfe. Wenn es zu einem solchen Verbot komme, könne die gleiche Veranstaltung ja zum wiederholten Male besucht und für das zweite Rechtsgebiet anerkannt werden, ohne dass weitere Erkenntnisse erlangt würden.

Doppelte Anrechnung Fachanwaltsfortbildung

In der Frage der Doppelverwertung der Fachanwaltsfortbildung scheiterte der Anwalt mit seiner Klage. Der Anwaltsgerichshof gab ihm zwar Recht in seiner Argumentation, dass die Fortbildungspflicht dazu diene, einen einheitlichen Qualitätsstandard für Fachanwälte zu sichern, doch die doppelte Anrechnung Fachanwaltsfortbildung stehe im ausdrücklichen Widerspruch zum Willen des Satzungsgebers. Demnach sei die Doppelverwertung der Fachanwaltsfortbildung ausgeschlossen, weil der Fortbildungsnachweis nach 15 FAO zwar keine ausdrückliche Aussage zur Doppelverwertung treffe, aber auch keine Regelungslücke enthalte, die durch die Rechtsprechung zu füllen sei. In der Satzungsversammlung sei hingegen ausdrücklich festgehalten, dass auf sich ergänzenden Rechtsgebieten Kombinationsveranstaltungen in der geforderten Mindeststundenzahl – damals waren es 10, heute sind es 15 – nicht genügen, um für jedes der Fächer 10 (heute 15) Zeitstunden Fortbildung nachzuweisen. Der AGH ist sich sicher, dass der Satzungsgeber hier bewusst die Formulierung „je Fachgebiet“ gewählt hat, um den Sachverhalt einer möglichen Doppelverwertung zu klären und diese praktisch auszuschließen. Der Wille des Satzungsgebers stehe also für sich und sei auch deshalb zu unterstützten, um eine mögliche Ungleichbehandlung von Fachanwälten zu vermeiden.

Solche sogenannten Kombinationsveranstaltungen, die thematisch für die Erfüllung der Fortbildungspflicht für mehrere Fachanwaltsbezeichnungen genutzt werden können, seien also im Sinne der Satzungsversammlung zulässig, dürften aber nicht zweifach angerechnet werden.

Fazit

Für die anwaltliche Praxis bedeutet das Urteil des Anwaltsgerichtshofs Niedersachsen also folgendes: Wer zwei oder drei Fachanwaltstitel führt, muss für jeden der Titel separate Fortbildungsmaßnahmen besuchen, also zwei Mal 15 oder drei Mal 15 Zeitstunden Fortbildung wahrnehmen. Ein mehrfacher Fachanwalt muss sich also entscheiden, für welche seiner Fachanwaltsbezeichnungen er den Nachweis an einer Fortbildung einreicht.

Ob Sie nun lediglich einen oder mehrere Fachanwaltstitel führen, in jedem Fall gilt es, die Pflicht zur Fortbildung ernst zu nehmen. Im Falle einer Nichteinhaltung der vorgeschriebenen Zeitstunden nämlich kann es zu Abmahnungen seitens der Anwaltskammer kommen und schlimmstenfalls zum Verlust des Titels im jeweiligen Rechtsgebiet. Der Nachweis über die Fortbildung ist außerdem unaufgefordert einzubringen, ansonsten folgt die Abmahnung.

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