Liebe Fachanwältinnen und Fachanwälte,

die regelmäßige Fortbildung gemäß § 15 FAO ist nicht nur eine formale Pflicht, sondern ein essenzieller Bestandteil unserer beruflichen Tätigkeit. Ein kürzlich vom Anwaltsgerichtshof (AGH) Nordrhein-Westfalen verhandelter Fall verdeutlicht die ernsten Konsequenzen, die bei Vernachlässigung dieser Pflicht drohen können.

Hintergrund des Falls

Ein seit 1997 zugelassener Anwalt verlor seinen Fachanwaltstitel im Familienrecht, weil er seiner Fortbildungspflicht nicht nachkam. Obwohl er mehrfach von der Rechtsanwaltskammer aufgefordert wurde, die erforderlichen Nachweise zu erbringen, reichte er diese nicht vollständig ein. Für das Jahr 2019 konnte er nur 10 von 15 benötigten Stunden nachweisen, während für die Jahre 2020 und 2022 keinerlei Fortbildungsnachweise vorlagen.

Die Entscheidung des AGH

Der AGH entschied, dass die Rechtsanwaltskammer den Titel entziehen musste, da keine entschuldigenden Gründe für die Versäumnisse vorlagen. Der Anwalt hatte weder vorgerichtlich noch im Klageverfahren ausreichende Begründungen oder Nachweise vorgelegt. Selbst während der Corona-Pandemie bot die Kammer Ausnahmeregelungen an, die der Anwalt jedoch nicht nutzte.

Wichtige Erwägungen des AGH

  1. Ermessensreduzierung auf Null: Die Kammer hatte keine andere Wahl, als den Titel zu entziehen, da die Fortbildungspflicht nachhaltig nicht erfüllt wurde und keine Entschuldigungsgründe vorlagen.
  2. Keine Verhandlungsunfähigkeit: Der Anwalt versäumte es, seine Verhandlungsunfähigkeit aufgrund vermeintlicher COVID-19-Symptome ausreichend zu belegen.
  3. Keine Rückwirkende Heilung: Nachgewiesene Fortbildungsstunden müssen rechtzeitig und vollständig erbracht werden. Eine nachträgliche Anrechnung fehlender Stunden ist nicht vorgesehen.

Rechtsgrundlagen des Urteils

Der Widerruf des Fachanwaltstitels stützte sich auf folgende Paragraphen:

  • BRAO § 43c Abs. 4 S. 2: Erlaubt den Widerruf der Erlaubnis zur Führung der Fachanwaltsbezeichnung bei Vernachlässigung der Fortbildungspflicht.
  • FAO § 15: Regelt die jährliche Fortbildungspflicht für Fachanwälte, einschließlich der Mindeststunden und der Nachweispflicht.
  • VwGO § 173 S.1 und ZPO §§ 156, 227 Abs.1: Beziehen sich auf Verfahrensvorschriften, die in diesem Fall relevant waren, insbesondere zur Verhandlungsfähigkeit und Terminsverlegung.

Dieser Fall sollte als dringende Erinnerung dienen, dass die regelmäßige Fortbildung ein unverzichtbarer Teil unserer Berufsausübung ist. Sie gewährleistet, dass wir stets auf dem neuesten Stand der Rechtsprechung und Gesetzgebung bleiben und somit den Mandanten die bestmögliche Beratung bieten können.

Nutzen Sie die vielfältigen Fortbildungsangebote, die Ihnen zur Verfügung stehen, sei es durch Präsenzveranstaltungen oder Online-Seminare. Ihr Fachanwaltstitel ist ein wertvolles Gut, das es zu schützen gilt.

Mit kollegialen Grüßen,

Das Team von rechtsanwalt-fortbildung.net