Inhalt
Der Fachanwaltslehrgang im Bau- und Architektenrecht ist Voraussetzung für den Erwerb des gleichnamigen Fachanwaltstitels. Dieser Artikel richtet sich an Rechtsanwälte und Assessoren, die mit dem Gedanken spielen den Fachanwaltstitel im Bau- und Architektenrecht zu erwerben. Hier klären wir, ob sich ein solcher Fachanwaltslehrgang und der Erwerb des Titels Fachanwalt im Bau- und Architektenrecht finanziell lohnt und welche Hürden Sie für den Erwerb des Titels nehmen müssen.
Interessieren Sie sich auch für andere Fachanwaltstitel? Eine Übersicht aller Artikel zu den 24 Rechtsgebieten in denen Sie einen Fachanwaltstitel erwerben können finden Sie hier:
Wie erwirbt man einen Fachanwaltstitel für Bau- und Architektenrecht
Kurzversion:
- 3 Jahre Tätigkeit als Rechtsanwalt
- 120 Stunden Fachanwaltslehrgang
- 15 Stunden Klausur
- 80 Fälle im Rechtsgebiet
- davon 6 im selbst. Beweisverfahren
- und 5 im Bauvertragsrecht oder
- im Recht der Architekten und Ingenieure
Langversion:
Ein Fachanwaltstitel ist bei der regionalen Rechtsanwaltskammer zu beantragen. Dafür müssen Sie zunächst innerhalb der vorausgegangenen sechs Jahre mindestens drei Jahre als Rechtsanwalt zugelassen und tätig gewesen sein.
Wenn Sie eine Fachanwaltstitel Bau- und Architektenrecht erwerben wollen, müssen Sie außerdem nachweisen, dass Sie über besondere theoretische sowie praktische Kenntnisse im betreffenden Fachgebiet verfügen.
Zusätzlich zum fachlich vertieften Wissen wird erwartet, dass auch verfassungs-, europa- und menschenrechtliche Verknüpfungen und Bezüge hergestellt werden können. Dieses Wissen erwerben Sie ebenfalls im Fachanwaltslehrgang Bau- und Architektenrecht.
Zum Nachweis für die besonderen theoretischen Kenntnisse gilt der Besuch eines Fachanwaltslehrganges Bau- und Architektenrecht. Dieser umfasst zumindest 120 Zeitstunden.
Alternativ können Sie die besonderen theoretischen Kenntnisse auch in anderer Form erlangen (z.B.: Durch dozierende oder publizierende Tätigkeit oder durch geeignete Berufsabschlüsse). Dies stellt aber den absoluten Ausnahmefall dar. Sollten Sie den alternativen Nachweis der theoretischen Kenntnisse beabsichtigen, empfiehlt sich eine enge Absprache mit Ihrer Rechtsanwaltskammer, um Probleme bei der Anerkennung zu vermeiden.
Dazu kommt noch der zeitliche Aufwand für die Bearbeitung von Fällen, die als Leistungskontrolle vorgesehen sind. Für die Bearbeitung eines Klausurfalles haben Sie mindestens eine Stunde und höchstens fünf Stunden Zeit. Insgesamt sind beim Fachanwaltslehrgang Bau- und Architektenrecht schriftliche Leistungskontrollen im Umfang von 15 Stunden zu erbringen, die sich aus mindestens drei Einzelfällen zusammensetzen. Die meisten Anbieter des Fachanwaltslehrgangs Bau- und Architektenrecht bieten 3 Klausuren mit einer Bearbeitungszeit von je 5 Stunden.
Die besondere praktische Erfahrung setzt voraus, dass mindestens 80 Fälle im Fachbereich bearbeitet wurden. Davon müssen wiederum mindestens 6 als selbständige Beweisverfahren geführt worden sein. Zwingend sind ebenfalls 5 Fälle aus dem Bauvertragsrecht bzw. aus dem Recht der Architekten und Ingenieure.
Welchen Inhalt hat der Fachanwaltslehrgang Bau- und Architektenrecht?
In dem Fachanwaltslehrgang Bau- und Architektenrecht wird den Anwärtern vertieftes Wissen in den folgenden Bereichen vermittelt:
• Bauvertragsrecht
• Recht der Architekten und Ingenieure
• Recht der öffentlichen Vergabe von Bauaufträgen
• Grundzüge des öffentlichen Baurechts
• Besonderheiten der Verfahrens- und Prozessführung
Wenn Sie an einer Fortbildung für Bau- und Architektenrecht teilnehmen, erhalten Sie Bestätigungen oder Zeugnisse über diese Kenntnisse, die Sie bei der Rechtsanwaltskammer einreichen.
Was kostet der Fachanwaltstitel im Bau- und Architektenrecht?
Die Preise der einzelnen Anbieter des Fachanwaltslehrgangs Bau- und Architektenrecht sind sehr unterschiedlich. Generell kann man aber sagen, dass Sie mit Kosten von 1.500€ bis 2.500€ nur für den Kurs rechnen können.
Die genaue Höhe der Kosten hängt wesentlich davon ab, ob Sie einen Rabatt als Junganwalt, Assessor oder Student nutzen können. Auch sind Fachanwaltslehrgänge, die im Selbststudium oder als Online Kurse angeboten werden günstiger.
Hinzu kommen die eventuellen Kosten für die Unterkunft und Verpflegung im Rahmen der Fortbildung und der Klausuren. Diese Kosten sparen Sie sich teilweise bei Teilnahme an einem Online- oder Selbststudiumskurs. Hier fallen solche Kosten nur im Rahmen der Klausuren, die unter Aufsicht geschrieben werden müssen, an.
Ferner sind bei manchen Anbietern die Kosten für die Klausuren bereits im Preis des Fachanwaltslehrgangs Bau- und Architektenrecht enthalten. Bei anderen müssen Sie diese Kosten von ca. 220€ noch hinzurechnen.
Für die Bearbeitung des Antrages auf Ihre Zulassung als Fachanwalt im Bau- und Architektenrecht fällt bei Ihrer Rechtsanwaltskammer eine Gebühr an. Diese bewegt sich im Rahmen zwischen 300 und 500€.
Insgesamt fallen damit Kosten für einen Fachanwaltstitel im Bau- und Architektenrecht i.H.v. ca. 2.000 – 3.200€ zzgl. eventueller Verpflegungs- und Übernachtungskosten an.
Einen Vergleich von Fachanwaltslehrgängen im Bau- und Architektenrecht finden Sie hier:
Welche Tätigkeiten übt ein Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht aus?
Ein Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht ist in erster Linie mit Verträgen beschäftigt. Es gilt, die Interessen der an einem Bau beteiligten Unternehmen bestmöglich zu vertreten. Herausfordernd ist dabei vor allem die Berücksichtigung verschiedenster, teilweise zwingender Gesetze.
Sowohl für Unternehmen als auch Private ist es sehr wichtig, klare Regelungen für ein Bauvorhaben auszuarbeiten. Es macht einen Unterschied, ob die normalen Regelungen des BGB gelten oder das spezifischere Bauvertragsrecht. Insbesondere die Gewährleistungsfolgen sind unterschiedlich. Je klarer die Leistungsbeschreibung formuliert ist, desto geringer ist in Folge das Risiko von Baustreitigkeiten.
• Die Vertretung von Architekten beginnt bereits bei der Gestaltung der AGB und bei der Anbahnung von Geschäftsbeziehungen. Dafür sind unter anderem Kenntnisse des Werkvertragrechts erforderlich. Da ein Architekt einerseits für die Planung, aber auch für die Bauüberwachung zuständig ist, geht es insbesondere um Haftungsfragen bei eventuellen Mängeln. Ein weiteres Thema sind Baukosten- oder Bauzeitüberschreitungen. Diese sind häufig Gegenstand bei Prozessen im Zusammenhang mit Honorarforderungen. Zu berücksichtigen sind dabei immer auch die Klauseln und Deckungssummen einer Berufshaftplichtversicherung.
• Im Rahmen des öffentlichen Baurechts ist ein Fachanwalt damit beschäftigt, ein Projekt hinsichtlich seiner Genehmigungsfähigkeit zu beurteilen. Ist erkennbar, dass ein Bauwerk am rechtlichen Rahmen scheitern würde, können auf diese Weise hohe Kosten vermieden werden. Beispielsweise, wenn Nachbarrechte oder der Denkmalschutz dem Plan entgegenstehen.
• Im Bauträgerrecht sind viele zwingende Rechtsvorschriften zu berücksichtigen, wie etwa die Makler- und Bauträgerverordnung. In diesem Bereich geht es etwa um Sonderwünsche von Käufern und Bezugstermine. Relevant für Käufer ist auch, ob eventuelle eine Vertragsstrafe sinnvoll ist, damit Fristen eher eingehalten werden. Zu regeln sind allerdings auch Gewährleistungsansprüche im Fall etwaiger Mängel.
• Ab einer gewissen Bausumme müssen Aufträge öffentlich ausgeschrieben werden. Aufgrund der Dienstleistungsfreiheit innerhalb des Unionsgebietes, ist das Vergaberecht einer ständigen Harmonisierung durch die EU unterworfen. Das macht das Vergaberecht überaus spannend, allerdings auch zu einer sehr komplexen Materie mit ständigen Änderungen.
Ihr finanzieller Vorteil als Fachanwalt im Bau- und Architektenrecht
Spezialisierungen als Fachanwalt gehen mit erheblich höheren Honorarsätzen einher, sind jedoch wegen unzähliger Gesetzesänderungen mit einer ständigem Fortbildung für Bau- und Architektenrecht verbunden. Mittlerweile betragen die Honorarsätze gegenüber Anwälten ohne Spezialisierungen etwa das Doppelte. Bedenkt man den Umstand, dass der Anteil von Fachanwälten allgemein lediglich bei etwa 27% liegt, werden die Umsätze sogar noch steigen. Hinzu kommt, dass man es im Bau- und Architektenrecht regelmäßig mit hohen Streitwerten zu tun hat, da es bei Bauvorhaben meist um große Summen geht. Dies macht auch eine Abrechnung nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) gelegentlich attraktiv.
(Quelle: Institut für Freie Berufe: STAR-Untersuchung, Stand: Januar 2017)
Aktuell sind in Deutschland ca. 3.000 Fachanwälte und Fachanwältinnen für Bau- und Architektenrecht zugelassen. Der Fachanwalt im Bau- und Architektenrecht ist damit zahlenmäßig die siebtgrößte Fachanwaltschaft in Deutschland. Nur ca. 1,8% der zugelassenen Rechtsanwälte sind damit Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht. Und nur ca. 5,6% aller Fachanwaltschaften bestehen in diesem Rechtsgebiet.
Interessant ist eine Kombination mit einem Fachanwaltstitel Vergaberecht, weil es sich um ineinandergreifende Rechtsgebiete handelt. Er ist seit 2016 möglich und dementsprechend wenige gibt es. Wegen der Neuregelung des Vergaberechts inklusive umfassender Änderungen sowie der Einflussnahme durch die EU dürfte das eine der gefragtesten Spezialisierungen der Zukunft sein.
(Quelle: Fachanwaltstatistik Bundesrechtsanwaltskammer, Stand: 01.01.2019)
Gesetzlich vorgeschriebene Fortbildung nach § 15 FAO Bau- und Architektenrecht
Jedes Jahr müssen Fachanwälte für Bau- und Architektenrecht nachweisen, dass sie eine Fortbildung von zumindest 15 Stunden absolviert haben. Entweder geschieht dies durch den Besuch von Aus- oder Fortbildungen oder im Wege von wissenschaftlichen Publikationen. Wer als Dozent tätig ist, bekommt auch die Vorbereitungszeit angemessen berücksichtigt.
Eine Fachanwaltsfortbildung für Bau- und Architektenrecht muss entweder auf anwaltliche Schwerpunkte ausgelegt sein oder interdisziplinäre Inhalte aufweisen. Nur dann gilt es als Fortbildung nach §15 FAO Bau- und Architektenrecht.
Wer die Fachanwaltsfortbildung Bau- und Architektenrecht im Selbststudium machen möchte, darf das im Ausmaß von fünf Stunden. Dabei ist allerdings eine Leistungskontrolle vorgeschrieben.
Ihre Fortbildung nach § 15 FAO im Bau- und Architektenrecht finden Sie auf:
Fazit
Dass Fachanwälte mehr verdienen können als nicht spezialisierte Kollegen, liegt auf der Hand. Wer dabei einen Fachanwaltstitel abseits der populären Rechtsgebiete wählt, kann sich durch die geringe Anzahl der Mitbewerber auf dem Markt etablieren und durch den Wissensvorsprung einen klaren Wettbewerbsvorteil sichern. Dies gilt insbesondere für den Fachanwalt im Bau- und Architektenrecht.